| Eine zarte Liebesgeschichte, ein spannender Krimi, ein
heikler Zeitroman - der Schweizer Arzt und Erzähler Enrico Danieli
hat eine beklemmend dichte Novelle um Liebe und Leiden, Krankheit und Euthanasie
geschrieben: Der Ich-Erzähler, Arzt, Single und Zweifler an der Sinnhaftigkeit
seines Berufes, trifft in Wien auf einem Kongress zum Thema Selbstmord
seine Studienfreundlin Elisa wieder. Beide finden sich vereint in der Erkenntnis,
dass die moderne Medizin in ihrem Bestreben, das Leben zu verlängern,
inhuman, ja grausam geworden ist. In der Sehnsucht nach der Ruhe der Welt
verbinden sich die beiden in einer starken Zuneigung:
Am Gäbris. Doch das Idyll ist getrübt. |
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| Leseprobe: | |
| .... oberhalb der Holztreppe, die zum Eingang führte,
eine helle, etwas verzogene Türe. In goldenen Grossbuchstaben stand:
Am Gäbris.
Hinter dem Fenster an der Seitenfassade sah ich im Dunkeln zwei Augen. Starren die mich an, fragte ich mich. Gleichzeitig hatten wir sie gesehen. Mein Mann, sagte Elisa, er erwartet dich. Sie ging zum Auto zurück und holte meine Tasche. Ausser den Wiesen sah ich neben dem Haus nichts. Die Haare klebten nass am Kopf. Sie kam auf mich zu, nahm meine Hand und führte mich zur Türe. Warum, dachte ich, hält sie mich jetzt an der Hand? Die Augen waren verschwunden. Herzlich willkommen, sagte sie. Hinter der Eingangstüre war ein kleiner Raum. Wir zogen die Schuhe aus, die Jacke, sie reichte mir ein Frottiertuch, es roch nach Rauch und süssem Parfum. Ich trocknete meine Haare. Sie stellte mir Filzpantoffeln hin. Zu gross für meine Füsse, sagte ich, wir lachten. Ich bedankte mich. Ihre langen Haare flocht sie vor einem ovalen Spiegel eilig zu zwei Zöpfen. Der Raum diente als Garderobe, hier hingen Mäntel, standen Schuhe, Stiefel, Besen. Bevor ich die Haustüre schloss, blickte ich nochmals in eine nebeltrübe, regennasse, dunkelgrüne Ebene. Ich sah keine Hügel, keine Berge, nur dampfende Wiesen, querverlaufende schwarze Wege, Bäume, Tröge, Zäune. Das Haus, dachte ich, ist eine Insel ..... |