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Helge Lange, geb. 1964
Fantastik-Autor, bisherige Veröffentlichungen von Kurzgeschichten
in Zeitschriften (Alien Contact, phantastisch!, c't), in Anthologien sowie
in diversen Fanzines, ausserdem zeichnerisch tätig, siehe:http://elfwood.lysator.liu.se/loth/h/e/helgelange2/helgelange2.html
Das erste eigene Buch Via Astra, erschienen bei Amicus, ist eine Zusammenstellung
von 7 Stories aus dem fantasischen Bereich und kann für 12,50 Euro
versandkostenfrei direkt beim Autor bestellt werden.
Bestellungen bitte an helgelange@web.de
VIA ASTRA Leseprobe
aus Hunting Park:
Der Tiger kannte das Gebäude - wie die meisten in seiner Welt - und
vergegenwärtigte sich dessen Grundriss, den der Jäger durch
eine von drei vorhandenen Öffnungen betreten hatte. Nacheinander
ging er die Orte durch, die für einen Angriff oder Hinterhalt am
geeignetsten waren - ein Vorgang, der als abstraktes Denken bezeichnet
wird und Scharen von Wissenschaftlern alarmiert hätte, wäre
ihnen bekannt, dass er im Kopf eines Tigers stattfand.
Dicht an der Wand der Halle entlang schlich er zu einem der anderen Eingänge,
spähte vorsichtig ins Innere, wo der Jäger anhand des Lichtkegels
seiner Lampe gut auszumachen war, und glitt hinein. Eilig duckte er sich
hinter einen massiven Betonsockel, aus dem verbogene rostige Gewindestäbe
nach oben herausragten.
Von der Öffnung her, durch die er gekommen war, fiel ein Lichtbalken
an ihm vorbei in die Finsternis hinein und endete an einer bis zur Decke
reichenden Schalttafel, aus der ein Gewirr von Kabelenden, durch Spinnweben
miteinander verbunden, gleich vertrockneten Innereien heraushing. Angespannt
lauschte er den sich nähernden Schritten, sein Nackenfell richtete
sich auf. Erregt zuckte seine Schwanzspitze, während er sich tiefer
duckte, wenn der unsicher tastende Lichtkegel in seine Richtung schwenkte.
Das Licht näherte sich, offenbar strebte der Jäger auf genau
diesen Ausgang zu. Das Gewehr hatte er vom Rücken genommen und hielt
es in der einen Hand, in der anderen hielt er die Lampe. Der Tiger presste
sich flach auf den Boden, spannte all seine Muskeln an. Deutlich konnte
er den Jäger riechen, den Schweiss auf seinem Körper und das
Öl auf dem Gewehr.
Endlich war er nur noch ein paar Schritte entfernt, schaute misstrauisch
hinter die grosse Schalttafel, wandte ihm den Rücken zu. In höchster
Erregung vibrierten die Barthaare des Tigers ...
aus Out of Helheim:
Ich bin heute sehr weit gegangen, bis in Bereiche, in denen mir kein Menschen
mehr begegnet. Die Radioaktivität ist in diesen Bereichen so stark,
dass man sich hier besser nicht aufhalten sollte; nur für die allernotwendigsten
Arbeiten kommen ein paar Arbeiter in schweren Bleianzügen her. Für
die lethalen Arbeiten in den inneren Kammern verwenden sie Gefangene.
Quietschendes Rasseln hallt durch die Gewölbe, sich langsam nähernd.
In einer Nische zwischen zwei Pfeilern gehe ich in Deckung und spähe
vorsichtig aus dem Schatten heraus in den Gang. Eine entfernt menschenähnliche
Gestalt, aus grau lackiertem, rost- und ölfleckigem Metall bestehend,
rollt auf quietschenden Raupenketten heran. Zwei gelbe Lampenaugen am
Kopf flankieren, Augen ähnlich, den Tubus eines Kameraauges. In langsamem
Rhythmus dreht die Maschine den Kopf hin und her, vom an- und ab schwellenden
Jaulen eines Motors unterstrichen; die Lichtkegel schwenken von einer
Seite des Ganges zur anderen, reissen hier einen verbeulte Ölkanne
aus dem Dunkel, dort die Mumie einer vertrockneten Ratte. Ich drücke
mich tiefer in den Schatten und atme schliesslich erleichtert die Abgasfahne
ein, die der ratternde, quietschende Apparat hinter sich zurück lässt.
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