Sibylle Severus
 
Sibylle Severus, 1937 in Oberbayern (D) geboren, 
gelernte Geigenbauerin, lebt in Zürich (CH). 
Publikation von drei Romanen: 
"Zum Mond laufen",  Walter Verlag (1981),
"Seiltanz",  Benziger Verlag (1984),
"Nauenfahrt",  Skarabäus / Edition Löwenzahn (1997),
sowie zahlreicher Kurzgeschichten und Erzählungen in 
Zeitschriften, Anthologien und Radio. 
Literarische Auszeichnungen.
 
Die Edition Löwenzahn, Reihe Skarabäus, erlaubt sich, Sie auf die Neuerscheinung, den Roman "Nauenfahrt", aufmerksam zu machen. 
Die Autorin Sibylle Severus ist als Prosaistin bekannt, die ihr Instrumentarium beherrscht, und aussergewöhnliche Texte publiziert.
 
Sibylle Severus 
Nauenfahrt 
Roman 
140 Seiten, öS 248.- / DEM 34.- / sfr. 31.50 
Breitklappenbroschur mit Fadenheftung 
ISBN 3-7066-2151-7
 
Die Ich-Erzählerin erfährt von einer Frau, deren Biographie erstaunliche Parallelen zu ihrer eigenen Lebensgeschichte aufweist. Geschichten werden erzählt. Imaginierend versetzt sich die Erzählerin in Luise oder Louise, in ein oszillierendes Ich oder Wir. 
Der spielerische Umgang mit der Fiktion, die Überlistung des Endlichen, die Relativierung der Schwermut durch Witz, aber auch die Magie eindrücklicher Landschaften, die leidenschaftliche Teilnahme an der Welt machen das Buch zu einem Lese-Erlebnis.
 Leseprobe aus "Nauenfahrt" Seite 56
"Alle Tänzer, ausser dem besonderen Paar, schienen mir Holzbretter zu sein: einfache Tannenlatten, buntverschmiert, die Hände zum Himmel gestreckt, den Tod des Mannes zum voraus beklagend. Noch lebte er. Wie wir alle ja noch leben.
Auch wenn wir bei flüchtigem Hinsehen Holzfiguren sein könnten, spitznasige Frauen, Stehaufmänner, Veitstänzerinnen, Hexenvolk. Der Mann, der aus der Mitte seines Selbst heraus tanzte, hatte als einziger Fleisch an den Knochen. Sein Blut pulsierte. Er muss Schwestern gehabt haben, die ihn das Tanzen gelehrt, die ihm ein Selbstvertrauen geschenkt hatten, als sei er königlichen Geblüts.
Er umfing die Fremde mit seinem einzigen Arm. Sie hing mit beiden Händen an seinem Hals und tanzte auf Zehenspitzen. Sah ihm mit hochgerecktem Haupt durch ihre grosse Brille in die Augen. Einige hörten den Mann sagen: "HIAWATHA,, so nenne ich Sie!"
"Mich?" hatte die Frau gefragt.
Sie nahm sich die Brille von den Augen und schien aus einem Schlaf erwacht zu sein. "Meine Galionsfigur -", antwortete ihr Tänzer. Das hatte ich selbst gehört.
Jeder sah, dass die Frau mit türkishellen Augen durch den Mann hindurchschaute. Da begann der Einarmige schnell und schneller zu tanzen, immer nach einer Seite, ein gepeitschter Kreisel, so dass die anderen Paare an die Wände auswichen. Plötzlich blieb die Frau stehen. Der Mann hing taumelnd an ihr. Niemand begriff, wieso sie von der Gewalt seines Schlingerns nicht zu Boden gerissen wurde. Dazu die Strenge in ihrem Gesicht, während er ausser Rand und Band war wegen seiner Hiawatha im Fleische.
Ich habe ja einige Lebenserfahrung und dachte -; nein, ich erlaubte mir nicht zu denken, denn ich wünsche meinen Mietern nur Positives! Der Mann hatte gute Wünsche nötig.
Nach diesem Tanzfest hatten wir die beiden oft auf der Strasse gesehen. Sie, stets in der Kleidung von Pflegerinnen. Er, scheinbar überlegen und die Ruhe selbst, die Order erteilend. Ich weiss nicht, wo die anderen Männer ihre Augen hatten? Unter dem Schwesternkittel hatte die Person die schönste Gestalt, die ich je gesehen habe. Das Gesicht war streng, doch das Grün ihrer Augen bezauberte. Mein Mieter hatte das als einziger erkannt oder als einziger keine Angst vor ihr. Er hatte die Frau nach der Tanzerei bei sich aufgenommen, was mich nicht begeisterte. Der Mietvertrag lautete auf eine Person. Zudem ich hielt die Frau für ein wenig verrückt, vielleicht zwischen zwei Schüben eines Spaltungsirresein stehend. Ich glaube, das war ihr Geheimnis."

"Nauenfahrt" ist im Buchhandel oder direkt beim Verlag unter folgender Adresse erhältlich:

Eine erste Stimme: "(-) Dem entspricht ein souverän beherrschter sprachlicher Ausdruck, mithin eine Sprachmelodie, in der sich sowohl verhaltene Leidenschaft als auch kühle Reflexion adäquat auszudrücken vermögen. (-) ein unzeitgemässes und "zeitloses" vor allem aber dichterisches Buch." Hanns Schaub, "Der Landbote".
 
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